LIBOR Hypothekarkredit: was genau ist das?
18.06.2012 07:02
Für lange Zeit haben uns die Banken Hypothekarkredite mit fixem oder variablem Zins angeboten. Seit einigen Jahren jedoch bieten sie mehr und mehr auch LIBOR-Hypotheken an. Diese sind im Allgemeinen viel günstiger als die klassischen Hypothekarkredite mit variablem Zins. Wo genau liegt der Unterschied? Wie findet man sich am besten zurecht?
Klären wir erst einmal ab, was LIBOR eigentlich bedeutet. Es handelt sich hier um die Abkürzung von London Interbank Offered Rate, d.h. dem Zinssatz des Interbankmarktes (der Zinssatz, den die Banken festlegen, um sich gegenseitig Geld zu leihen). Während der variable Zins der Entwicklung der Geld- und Kapitalmärkte folgt, wird der Zinssatz für LIBOR-Produkte periodisch angepasst, und zwar basierend auf dem Geldmarkt. Ein LIBOR-Produkt besteht also aus einem Zins, der für kurze Zeit gültig ist und regelmässig aktualisiert wird. Und so funktioniert es: der LIBOR-Zins wird entsprechend des Zinssatzes auf dem interbankenspezifischen Geldmarkt bestimmt. Zu diesem Zins wird eine Marge hinzugerechnet, welche der Kommission der Bank entspricht: Risikogebühren, Bearbeitungsgebühren, Gewinn. Ist er einmal festgelegt, wird der Ausgangszinssatz für den gewählten Zeitraum festgesetzt. Zur Aktualisierung des Zinssatzes gibt es verschiedene Möglichkeiten innert einer Zeitspanne von 1 bis 12 Monaten, aber meistens wird der Zins alle 3 oder 6 Monate angepasst. Ist diese Zeit abgelaufen, muss der Kreditnehmer erneut den Zins für die nächstfolgende Periode auf Basis des aktuellen LIBOR mit seiner Bank verhandeln.
Hinsichtlich der Konditionen, welche Unterschiede zum variablen Zins gibt es? Im Allgemeinen ist eine Hypothek mit variablem Zins sehr flexibel, weil sie keine festgesetzte Dauer hat und man zu jedem gegebenen Zeitpunkt mittels Kündigung aussteigen, und so das Produkt wechseln kann. Eine LIBOR-Hypothek hingegen, erfordert in den meisten Fällen, dass man eine Mindestvertragslaufzeit respektiert. Während dieses Zeitraums (z.B. 3 Jahre), ist eine Kündigung nicht möglich. Viele Institute ermöglichen die Umwandlung einer LIBOR-Hypothek in ein anderes Produkt innerhalb der eigenen Firma (typischerweise eine Festzinshypothek) für den Rest der Vertragslaufzeit.
Obwohl eine LIBOR-Hypothek vorteilhaft ist, wenn die Zinssätze niedrig sind, muss man dennoch in der Lage sein, die eventuell höheren Kosten zu tragen, wenn es zum Zeitpunkt der Neuverhandlung der Hypothek, d.h. nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Laufzeit, eine Erhöhung der Zinssätze gegeben haben sollte. Um von den niedrigen Zinsen zu profitieren, sich aber gleichzeitig abzusichern, kann es nützlich sein, nur einen Teil (ein Drittel oder die Hälfte) seines Hypothekardarlehens als LIBOR-Hypothek abzuschliessen, und den anderen Teil als Festzinshypothek. Gibt es eine Erhöhung der Zinssätze auf dem Geldmarkt zum Zeitpunk des Vertragsendes, betrifft die Erhöhung nur einen Teil der eigenen Hypothek. Ausserdem bieten die meisten Banken die Möglichkeit, einen Höchstzinssatz (den sogenannten Cap) Festzulegen. Dieser wird niemals überschritten, auch nicht im Falle eines starken Anstiegs der Zinssätze auf dem Markt. Dieser Schutz hat offensichtlich seinen Preis, der vom Darlehensgeber zum vereinbarten Zins hinzugerechnet wird.
Zusammenfassend: eine LIBOR-Hypothek erlaubt es Ihnen, über einen kurzen Zeitraum hinweg von günstigen Zinsen zu profitieren. Zusätzlich kann man einen Sicherheitsmechanismus – den Cap – einschliessen. Doch verglichen mit einer Hypothek mit variablem Zins, bietet eine LIBOR-Hypothek weniger Flexibilität. Um eine bewusste Entscheidung hinsichtlich Hypothek treffen zu können, ist es wichtig, die eigenen Anforderungen, aber vor allem auch die eigene Kapazität auf eine längerfristige Zinserhöhung zu reagieren, realistisch einzuschätzen.
Quelle: Hypothek-Kredite.ch, Patrick Ducret